Unvorhergesehene Ereignisse wie ein Unfall, eine schwere Erkrankung oder das altersbedingte Nachlassen der geistigen Kräfte können dazu führen, dass eine Person ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. Um die eigene Selbstbestimmung auch im Ernstfall zu gewährleisten und Angehörige zu entlasten, ist es wichtig, bereits frühzeitig Vorkehrungen zu treffen. Zwei der wichtigsten Instrumente für eine rechtssichere Vorsorge sind die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung. Doch wo liegt der Unterschied? Während die Vorsorgevollmacht eine Vertrauensperson ermächtigt, Entscheidungen zu treffen und den Vollmachtgeber im Rechtsverkehr zu vertreten, legt die Patientenverfügung fest, welche medizinischen Maßnahmen im Ernstfall gewünscht sind oder abgelehnt werden. In diesem Blog-Artikel erklären wir die Vorteile von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht und erläutern, wie sich diese beiden Instrumente optimal kombinieren lassen und warum es sich lohnen kann, einen Notar hinzuziehen.
Die Vorsorgevollmacht – Selbstbestimmung für den Ernstfall
Mit einer Vorsorgevollmacht ermächtigt eine Person (der Vollmachtgeber) eine andere Person oder mehrere andere Personen (den/die Bevollmächtigten), in ihrem Namen rechtsverbindliche Entscheidungen zu treffen. Diese Regelung greift dann, wenn der Vollmachtgeber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr handlungsfähig ist. Dabei sollte die Wahl eines Bevollmächtigten gut überlegt sein, denn mit einer Vorsorgevollmacht können Bevollmächtigte viele wichtige Entscheidungen getroffen werden. Die Voraussetzungen für die Übernahme dieser Verantwortung sind ein hohes Maß an Vertrauen und Zuverlässigkeit sowie die grundsätzliche Bereitschaft auf Seiten des Bevollmächtigten, im Sinne des Vollmachtgebers zu handeln. Häufig werden nahe Angehörige wie Ehepartner oder Kinder als Bevollmächtigte benannt, jedoch können auch externe Personen wie ein Rechtsanwalt oder Steuerberater diese Aufgabe ebenfalls übernehmen.
Gesundheit, Vermögen & Co. – Welche Angelegenheiten sind von der Vorsorgevollmacht betroffen?
Die Vorsorgevollmacht kann umfassend gestaltet oder auf bestimmte Bereiche beschränkt werden. Zu diesen Bereichen zählen u.a.:
- Persönliche Angelegenheiten, insb. Gesundheit: Bei der Vorsorgevollmacht hat der Bevollmächtigte das Recht, grundlegende medizinische Entscheidungen zu treffen, wenn der Vollmachtgeber dazu nicht mehr in der Lage ist. Dazu gehört die z.B. die Zustimmung oder Ablehnung von ärztlichen Behandlungen, Operationen und medizinischen Eingriffen. Auch Entscheidungen über lebensverlängernde Maßnahmen oder den Abbruch einer Therapie können hier geregelt werden – insbesondere in Verbindung mit einer Patientenverfügung.
- Vermögensrechtliche Angelegenheiten: Die bevollmächtigte Person darf zudem wichtige finanzielle Angelegenheiten regeln, wie die Verwaltung von Bankkonten, das Tätigen von Überweisungen oder das Bezahlen von Rechnungen. Hinzu kommt, dass der Bevollmächtigte auch das Recht hat, Unternehmensanteile zu verwalten und Immobilieneigentum des Vollmachtgebers zu verkaufen. Letzteres ist allerdings nur mit einer notariell beurkundeten Vorsorgevollmacht möglich.
- Behördliche und rechtliche Vertretung: Der Bevollmächtigte kann außerdem stellvertretend mit Behörden, Versicherungen, Rentenstellen oder Sozialleistungsträgern in Kontakt treten. Das umfasst bspw. das Einreichen von Anträgen, die Entgegennahme von Bescheiden oder das Wahrnehmen von Rechten und Pflichten im Verwaltungsverfahren. Falls erforderlich, kann er auch Gerichtsverfahren für den Vollmachtgeber führen oder einen Anwalt beauftragen.
- Wohn- und Aufenthaltsbestimmung: Falls der Vollmachtgeber nicht mehr selbst über seinen Wohnsitz entscheiden kann, darf der Bevollmächtigte auch diese Entscheidungen übernehmen. Darunter fallen z.B. die Auswahl eines Pflegeheims oder einer betreuten Wohnform, die Zustimmung zu einem Umzug oder die Bestellung einer häuslichen Pflege, sofern dies möglich ist.
Darüber hinaus existieren auch einige Bereiche, in denen der Bevollmächtigte keine Entscheidungen treffen darf, wie bspw. das Verfassen eines Testaments oder eine Heirat im Namen des Vollmachtgebers.
Die Patientenverfügung – Individuelle Vorgaben für medizinische Maßnahmen
Im Gegensatz zur Vorsorgevollmacht, die viele verschiedene Angelegenheiten betreffen kann, enthält die Patientenverfügung lediglich individuelle Vorgaben zu medizinischen Behandlungen. Die Patientenverfügung wird dann wichtig, wenn die verfügende Person nicht mehr in der Lage ist, ihren eigenen Willen klar zu äußern. Damit Ärzte und Angehörige im Ernstfall dennoch gemäß der eigenen Wünschen des Patienten handeln können, sollten in der Patientenverfügung folgende Punkte im Vorfeld klar geregelt werden:
- Zustimmung oder Ablehnung lebensverlängernder Maßnahmen
- Umgang mit künstlicher Ernährung und Beatmung
- Schmerztherapie & palliative Versorgung
- Organspende-Wünsche
Was passiert, wenn im Ernstfall keine Patientenverfügung vorliegt? Ohne die schriftliche Patientenverfügung müssen Ärzte und Angehörige schwerwiegende Entscheidungen treffen, obwohl die Wünsche des Patienten nicht klar formuliert sind. Das kann schnell zu Unsicherheiten führen und im schlimmsten Fall medizinische Maßnahmen nach sich ziehen, die der Patient so gar nicht gewollt hat.
Warum ist eine Kombination von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sinnvoll?
Da die Patientenverfügung ausschließlich Behandlungswünsche dokumentiert, aber keine konkrete Person zur Durchsetzung dieser Wünsche benennt, kann eine Kombination mit einer Vorsorgevollmacht in vielen Fällen sinnvoll sein. Denn durch die Vorsorgevollmacht wird eine bevollmächtigte Vertrauensperson bestimmt, die sicherstellt, dass die in der Patientenverfügung festgelegten Wünsche auch tatsächlich umgesetzt werden. Fehlt eine Vorsorgevollmacht, wird im Bedarfsfall ein gerichtlich bestellter Betreuer eingesetzt, was oft mit zusätzlichem bürokratischen Aufwand verbunden ist und die Angehörigen zusätzlich belasten kann. Die Kombination von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sollte dabei in getrennten Dokumenten erfolgen, damit die Vorsorgevollmacht leichter angepasst werden kann.
Formale Anforderungen & rechtliche Gültigkeit
Damit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung im Ernstfall rechtlich anerkannt werden und wirksam sind, müssen die Dokumente bestimmten formalen Anforderungen entsprechen. Ohne eine korrekte Erstellung könnten Ärzte, Behörden oder Banken die Gültigkeit von Vollmacht und Verfügung infrage stellen. Deshalb sollten folgende Punkte beachtet werden:
- Schriftform: Beide Dokumente müssen in schriftlicher Form vorliegen und eigenhändig vom Vollmachtgeber bzw. der verfügenden Person unterzeichnet werden. Eine mündliche Erklärung oder eine rein digitale Hinterlegung reichen hingegen nicht aus.
- Notarielle Beurkundung & Beglaubigung: Grundsätzlich sind Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht auch ohne notarielle Beurkundung oder Beglaubigung wirksam. Allerdings erleichtert die notarielle Beurkundung die Akzeptanz durch Banken, Behörden oder medizinische Einrichtungen erheblich. Wenn die Vorsorgevollmacht jedoch Regelungen zu umfangreichen Vermögensangelegenheiten enthält (z.B. Immobilienverkäufe oder Stimmrechtsausübung in Unternehmen), wird eine notarielle Beurkundung oder Beglaubigung notwendig für deren Anerkennung.
- Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister: Die notarielle Mitwirkung hat einen weiteren entscheidenden Vorteil: Um sicherzustellen, dass die Dokumente zur Vorsorge im Ernstfall schnell gefunden werden, kann der Notar eine Eintragung im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer vornehmen. Dieses Register ist für Ärzte, Gerichte und Behörden zugänglich und hilft, langwierige Nachforschungen oder gerichtliche Betreuungsverfahren zu vermeiden. Ohne eine solche Registrierung besteht die Gefahr, dass die Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung im Ernstfall nicht auffindbar ist und dadurch nicht beachtet wird.
- Regelmäßige Überprüfung & Aktualisierung: Da sich persönliche Wünsche und medizinische Rahmenbedingungen im Laufe der Zeit ändern können, sollten die Dokumente regelmäßig überprüft werden.
Mit rechtssicheren Vorsorgedokumenten ist sichergestellt, dass persönliche Wünsche auch dann Beachtung finden, wenn man selbst nicht mehr entscheiden kann. Die Mitwirkung eines Notars hilft dabei, Fehler zu vermeiden und gewährleistet größtmögliche Rechtssicherheit.
Fazit
Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind essenzielle Dokumente, um die eigene Selbstbestimmung zu sichern und Angehörige im Ernstfall zu entlasten. Während die Vorsorgevollmacht eine Vertrauensperson ermächtigt, wichtige Entscheidungen zu treffen, legt die Patientenverfügung medizinische Wünsche verbindlich fest. Die Kombination beider Dokumente vermeidet unnötige Bürokratie und stellt sicher, dass persönliche Vorstellungen respektiert werden. Damit Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht rechtsgültig sind, müssen sie schriftlich verfasst sein. Darüber hinaus empfiehlt sich eine regelmäßige Überprüfung und idealerweise eine Hinterlegung im Zentralen Vorsorgeregister durch einen Notar. Die notarielle Mitwirkung hilft zudem dabei, die Dokumente rechtssicher zu gestalten und ihre Akzeptanz bei Behörden, Banken und medizinischen Einrichtungen zu erleichtert.
Sie haben Fragen zur Vorsorgevollmacht und zur Patientenverfügung? Wir beraten Sie gerne – persönlich & individuell in unserer Kanzlei in Fulda. Nutzen Sie für Ihre Anfrage einfach unser Online-Formular für Vorsorgevollmachten.
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