Die Ehe ist für viele Menschen ein bedeutender Schritt – sie gilt als Zeichen des Vertrauens und als Wunsch nach einer gemeinsamen Zukunft. Doch so verbindlich und romantisch dieser Schritt auch ist: Das Leben lässt sich nicht planen, und persönliche oder wirtschaftliche Veränderungen können eine jede Ehe auf die Probe stellen oder im schlimmsten Fall sogar zur Trennung führen. Der Ehevertrag bietet die Möglichkeit, klare rechtliche Rahmenbedingungen für den Fall einer Scheidung zu schaffen. Dabei kann der Ehevertrag dabei helfen, emotionale wie finanzielle Konflikte zu vermeiden und ermöglicht beiden Partnern eine faire und verlässliche Regelung ihrer Angelegenheiten. Insbesondere für Ehepaare mit unterschiedlichem Vermögen, bei unternehmerischer Tätigkeit oder in Patchwork-Konstellationen kann ein individuell gestalteter Ehevertrag besonders sinnvoll sein. In diesem Blog-Beitrag erfahren Sie, in welchen Fällen sich ein Ehevertrag lohnt, welche Inhalte er regeln kann und worauf Sie bei der notariellen Gestaltung besonders achten sollten.
Was ist ein Ehevertrag?
Ein Ehevertrag ist eine rechtlich bindende Vereinbarung zwischen Ehepartnern, die es ermöglicht, individuelle Regelungen für die Ehe und insbesondere für den Fall einer Trennung oder Scheidung zu treffen. Im Ehevertrag steht vor allem die Anpassung der gesetzlichen Regelungen an die persönlichen Lebensumstände und wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten im Vordergrund. Im deutschen Familienrecht ist der gesetzliche Güterstand als Zugewinngemeinschaft geregelt (§ 1363 BGB). Doch was heißt das eigentlich genau? Während der Ehe bleibt das Vermögen beider Partner grundsätzlich getrennt, doch im Fall einer Scheidung findet ein sogenannter Zugewinnausgleich statt. Das bedeutet, dass der Vermögenszuwachs, der während der Ehe erzielt wurde, unter bestimmten Voraussetzungen zur Hälfte geteilt werden muss. Dieses Modell ist für viele Paare praktikabel, kann aber in bestimmten Konstellationen zu ungerechten oder ungewollten Ergebnissen führen.
Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll?
Nicht jede Ehe benötigt zwingend einen Ehevertrag. In bestimmten Fällen kann dieser jedoch äußerst ratsam sein:
- Unterschiedliche Vermögensverhältnisse: Bestehen erhebliche Unterschiede im Vermögen der Ehepartner, kann ein Ehevertrag eine ausgewogene Regelung schaffen, um spätere Konflikte zu vermeiden.
- Selbstständigkeit oder Unternehmensbeteiligung: Selbstständige oder Unternehmer sollten sich gegen die Risiken einer Unternehmensaufteilung im Scheidungsfall absichern – ein Ehevertrag schützt das Unternehmen vor existenzbedrohenden Konsequenzen.
- Patchworkfamilien & zweite Ehen: Wenn ein Partner oder beide Partner Kinder aus früheren Beziehungen haben, kann ein Ehevertrag helfen, gerechte Vermögensverhältnisse zu wahren und Erbansprüche klar zu regeln.
- Heirat im fortgeschrittenen Alter: Wer im späteren Lebensabschnitt heiratet, hat meist bereits Vermögen aufgebaut. Ein Ehevertrag sichert dieses gezielt ab.
- Internationale Aspekte: Bei binationalen Ehen oder einem anderen Auslandsbezug ist eine vertragliche Regelung oft notwendig, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden.
Ein Ehevertrag kann also immer dann sinnvoll sein, wenn besondere persönliche, wirtschaftliche oder familiäre Konstellationen vorliegen, die mit den gesetzlichen Regelungen nicht ausreichend abgedeckt sind. Dabei bietet der Ehevertrag die Möglichkeit, individuelle Vereinbarungen zu treffen, die langfristig Klarheit, Fairness und Rechtssicherheit schaffen – sowohl im gemeinsamen Alltag als auch für den Fall einer Trennung.
Was kann in einem Ehevertrag geregelt werden?
Ein Ehevertrag bietet einen flexiblen rechtlichen Rahmen, um verschiedene Aspekte der Lebensgestaltung während und nach der Ehe individuell zu regeln. Die Inhalte eines solchen Vertrags richten sich immer nach der konkreten Lebenssituation und den Bedürfnissen der Ehepartner. Typische Regelungsbereiche sind u.a.:
- Güterstand: Ehepartner können vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft abweichen und stattdessen Gütertrennung oder eine modifizierte Zugewinngemeinschaft vereinbaren. Letztere ermöglicht es beispielsweise, bestimmte Vermögenswerte – wie Unternehmensanteile oder Immobilien – vom Zugewinnausgleich auszunehmen.
- Unterhalt: Es lassen sich Regelungen zum Trennungsunterhalt und zum nachehelichen Unterhalt treffen. Diese können Umfang, Dauer oder sogar den Ausschluss bestimmter Unterhaltsansprüche betreffen – stets unter der Voraussetzung, dass keine unzumutbare Benachteiligung entsteht.
- Versorgungsausgleich: In einem Ehevertrag kann auch der sogenannte Versorgungsausgleich – also die Aufteilung der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften – angepasst oder unter bestimmten Bedingungen ausgeschlossen werden. Das ist vor allem bei kurzer Ehedauer oder bei ausgeglichenen Rentenansprüchen sinnvoll.
- Vermögen und Immobilien: Weitere Regelungen betreffen oft die Nutzung und Aufteilung von Immobilien, den Umgang mit gemeinsamen Schulden, Schenkungen unter Ehegatten oder geplante Vermögensübertragungen, etwa im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge.
Dabei gilt grundsätzlich: Nicht jede vertragliche Regelung ist wirksam. Es sind nur solche Regelungen zulässig, die mit dem Gesetz und den Grundsätzen der Vertragsfreiheit vereinbar sind. Sittenwidrige oder einseitig benachteiligende Vereinbarungen sind unwirksam (§ 138 BGB). Dies betrifft z.B. den Ausschluss jeglichen Unterhalts ohne Ausgleich, den vollständigen Verzicht auf Versorgungsausgleich bei wirtschaftlicher Abhängigkeit oder die vertragliche Benachteiligung bei Geburt und Betreuung gemeinsamer Kinder. Gerichte können solche Klauseln für unwirksam erklären – daher ist eine fachkundige Prüfung unerlässlich. Nur eine Analyse der individuellen Situation gewährleistet, dass eine faire und damit wirksame Regelung für die Beteiligten getroffen wird.
Warum der Gang zum Notar unverzichtbar ist
Damit ein Ehevertrag rechtlich wirksam ist, schreibt § 1410 BGB die notarielle Beurkundung zwingend vor. Der Notar übernimmt dabei eine zentrale und zugleich neutrale Rolle im Interesse beider Ehepartner:
- Formwahrung: Ein bloß schriftlich aufgesetzter Ehevertrag genügt nicht – nur durch die notarielle Beurkundung erhält der Vertrag seine rechtliche Gültigkeit. Der Notar stellt sicher, dass alle formellen Anforderungen eingehalten werden.
- Rechtsaufklärung: Als neutraler Amtsträger informiert der Notar beide Parteien umfassend über die rechtlichen Inhalte, Folgen und Risiken der getroffenen Vereinbarungen. Dies schafft Transparenz und schützt insbesondere den rechtlich unerfahreneren Partner vor Nachteilen.
- Vermeidung von Streit: Durch eine klare, ausgewogene und rechtsichere Vertragsgestaltung trägt der Notar wesentlich dazu bei, künftige Konflikte zu vermeiden. Dabei gilt: Je besser die Regelungen durchdacht und auf die individuelle Lebenssituation abgestimmt sind, desto geringer ist das Risiko späterer gerichtlicher Streitigkeiten.
Ein Ehevertrag aus notarieller Hand bietet somit nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch ein hohes Maß an Fairness und Verlässlichkeit für beide Ehepartner.
Fazit
Ein Ehevertrag ist kein Zeichen von Misstrauen, sondern Ausdruck verantwortungsvoller Vorsorge. Er ermöglicht es Ehepartnern, ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse selbstbestimmt und fair zu regeln – angepasst an ihre individuelle Lebenssituation. Gerade bei besonderen Konstellationen wie ungleichen Vermögensverhältnissen, unternehmerischer Tätigkeit oder Patchworkfamilien kann ein Ehevertrag Streit vermeiden und langfristige Sicherheit schaffen. Die notarielle Beurkundung sorgt dafür, dass die getroffenen Regelungen rechtlich wirksam, ausgewogen und verständlich sind. Eine frühzeitige Beratung ist dabei besonders wichtig – für eine Partnerschaft auf Augenhöhe und mit klaren Rahmenbedingungen für alle möglichen Entwicklungen.
Sie haben Fragen zum Ehevertrag oder möchten sich beraten lassen? Dann vereinbaren Sie einen Termin in unserer Kanzlei über unser praktisches Online-Formular.
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